Eine perfekte Ausrichtung des künstlichen Kniegelenks ist enorm wichtig. Hier helfen Schnittschablonen, die individuell für jeden Patienten angefertigt werden. Ansonsten sind auch gut operierte Schlittenprothesen eine wertvolle Alternative, denn nicht bei jedem Patienten muss gleich das komplette Kniegelenk ersetzt werden.
Fällt Ihnen schon nach wenigen Schritten das Laufen zunehmend schwerer? Haben Sie Schmerzen beim Treppensteigen oder sogar schon auf ebener Strecke? Möglicherweise leiden Sie an einer Gonarthrose, der häufigsten Kniegelenkserkrankung. Bei einer Arthrose verschleißt der Gelenkknorpel oder verschwindet an manchen Stellen sogar ganz. Das hat zur Folge, dass die Knochen im Gelenk direkt aneinanderreiben. Schon kleine Bewegungen können starke Schmerzen verursachen, denn anders als der Knorpel sind die Knochen bzw. Knochenhaut mit Nerven durchzogen. Ohne schützende Knorpelschicht nutzen sich die Knochen ab und können sich unter Umständen verformen. Die konservativen Behandlungsoptionen bei einer Gonarthrose sind vielfältig. Eine abgestimmte Bewegungstherapie – z. B. mit Radfahren oder Schwimmen – hilft das Gelenk zu entlasten. Darüber hinaus sind Knorpelaufbau-Präparate mit Glucosamin und Chondroitinsulfat sowie Injektionen von Hyaluronsäure in das Gelenk zur besseren Schmierung sinnvoll. Versagen allerdings diese konservativen Maßnahmen, sollte die Versorgung mit einer Knieprothese in Erwägung gezogen werden.
Bei etwa 30% meiner Patienten ist der Knorpelverschleiß nur auf Teilbereiche im Kniegelenk beschränkt. In diesen Fällen kann man überlegen, nur diese verschlissenen Bereiche durch eine Knie-Teilprothese zu ersetzen. Man spricht dann auch von einer Schlittenprothese. Dabei werden gesunde Gelenkabschnitte wie das Kniescheibenlager, die Kreuzbänder und eine der beiden Gleitrollen erhalten. Als Ergebnis fühlt sich das Kniegelenk mit einer Schlittenprothese deutlich natürlicher an als mit einer Totalprothese. Außerdem ist das Gewebetrauma geringer, die Rekonvaleszenz schneller und der Patient insgesamt zufriedener. Allerdings bedarf es eines routinierten Operateurs, um die guten Operationsergebnisse einer Schlittenprothese zuverlässig zu erzielen. Ich verwende als Implantat das seit Jahrzehnten bewährte Modell „Oxford“ der Firma Zimmer Biomet.
Der menschliche Körper ist ein Wunder der Natur. Die unzähligen Gelenke arbeiten schlicht perfekt zusammen. Ein neues Gelenk wie die Kniegelenkprothese muss sich hier optimal einfügen. Sie hat nur eine Aufgabe: Sie sollen sich endlich wieder ohne Schmerzen bewegen können. Bei der Operation handelt es sich mittlerweile um einen Standardeingriff. Die Kniegelenkprothese besteht aus mindestens zwei Hauptteilen und ist als Oberflächenersatzprothese konzipiert. Stellen Sie sich die Prothese wie eine Verkleidung der beschädigten Gelenkflächen vor. Sie besteht aus einer „Femurkomponente“, die auf das Ende des Oberschenkelknochens zementiert wird, und einer „Tibiakomponente“ mit Inlay, die das obere Ende des Schienbeins ersetzt. Dieses Inlay funktioniert als sogenannter Gleitpartner des Femurimplantates, es dient also als Abstandhalter zwischen den Implantaten und sorgt für reibungslose, schmerzfreie Bewegungen. Die Kniescheibe (Patella) gleitet bei Bewegungen über den vorderen Schild der Femurkomponente. In der Regel wird eine Patellaprothese auf die Innenseite der Kniescheibe zementiert.
Der Bewegungsablauf (Kinematik) eines natürlichen Kniegelenks ist extrem komplex. Künstliche Gelenke können nur versuchen, sich der natürlichen Kinematik anzunähern. Diesem Ziel ist in der modernen Knieendoprothetik die Firma Smith & Nephew mit ihrer Kreuzbänder-stabilisierenden Knieendoprothese JOURNEY II BCS schon sehr nahegekommen. Dabei handelt es sich um ein kinematisch geführtes Kniesystem. BCS steht für „Bi-Cruciate Stabilized“ und bedeutet, dass die stabilisierende Funktion beider Kreuzbänder mit Hilfe eines inneren Zapfens und Steg wiederhergestellt wird.
Bei einem alternativen Konzept bleibt das intakte hintere Kreuzband erhalten und die Prothese wird unter Berücksichtigung der individuellen Gelenkneigungen implantiert. Das Erreichen einer höheren Patientenzufriedenheit nach Kniegelenkersatz steht also im Vordergrund dieser beiden Implantatkonzepte.
Seit 2011 verwende ich zur Optimierung der Journey BCS Implantate die sogenannte Visionaire-Technologie. Auch die kreuzband-erhaltende 4-Motion Technologie arbeitet mit individuellen Schnittblöcken. Dabei werden Schnittblöcke, in einem aufwändigen Prozess individuell für jeden Patienten vor der OP angefertigt. Für die Planung vor dem Eingriff erhält der Operateur damit eine zusätzliche Unterstützung.
Neben einer Ganzbein-Röntgenaufnahme im Stand wird für Visionaire zusätzlich eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Knies angefertigt. Bei der 4-Motion Technologie wird eine Computertomografie der Gelenke Hüfte, Knie und Sprunggelenk benötigt. Die jeweiligen Untersuchungen müssen bei einem speziell dafür zertifizierten Radiologen angefertigt werden. Die Aufnahmen ermöglichen die präoperative Berechnung der mechanischen Beinachsen und eine präzise dreidimensionale Darstellung der individuellen Patientenanatomie. Auf Basis der individuellen Röntgen- und MRT-Aufnahmen werden Schnitt-Schablonen aus medizinischem Nylon-Kunststoff hergestellt, die genau an die individuelle Knieanatomie des jeweiligen Patienten angepasst sind. Ein Großteil der Planung findet also in Ruhe vor und nicht erst während der Operation statt. Bei der OP bereitet der Operateur mit Hilfe dieser Schablonen das Knie für die Implantation vor und kann das Kunstgelenk präzise an den Beinachsen und anatomischen Orientierungspunkten ausrichten.
Die Vorteile für Sie als Patient bestehen zum einen in einem wahrscheinlich besseren Operationsergebnis und einer möglicherweise längeren Haltbarkeit des künstlichen Kniegelenks. Zum anderen können bei der Anwendung der Schnittblock-Technologien einige bisher mit Standardinstrumenten durchzuführende Operationsschritte entfallen, da die individuellen Schnittschablonen den Instrumentenbedarf deutlich verringern. Das verkürzt die Dauer der Operation auf patientenschonende Weise: Der Patient benötigt teilweise weniger Narkosemittel und verliert weniger Blut, es reduziert sich auch die intraoperative Infektionsgefahr. Außerdem kann durch die wegfallenden OP-Schritte gewebeschonender operiert werden, das Risiko von Komplikationen wie z. B. Fettembolien verringert sich.
Knieprothesen anatomisch implantieren!
Die 4-Motion Technologie berücksichtigt insbesondere beim Patienten vorhandene individuelle Beinachsen. Seit Jahrzehnten orientieren sich die Operateure an der Vorgabe, die Beinachse des Patienten komplett in einen „Normbereich“ zu begradigen. Ob die Patienten dabei glücklich waren, dass zum Beispiel ihr eigentlich anatomisch normales, leichtes O-Bein zu einem „normalen“ leichten X-Bein korrigiert wurde, spielte bei der standardmäßigen Ausrichtung der Prothesen auf dem Knochen eine untergeordnete Rolle. Außerdem hat ein natürliches Kniegelenk eine variable Neigung der Gelenkfläche. Diese individuelle Neigung findet beim Einbau ein Standard-Knieprothese ebenfalls keine Berücksichtigung, da fast alle Knieprothesen strikt im rechten Winkel zum Unterschenkel implantiert werden.
Das neue Prothesen-Konzept 4-Motion ermöglicht es dem Operateur jetzt, die Ausrichtung der Knieprothese an der individuellen Gelenklinie des Patienten vorzunehmen und durchaus auch gewisse vorbestehende O- und X-Bein-Stellungen des Patienten zu berücksichtigen.
Die postoperativen Ergebnisse nach dem Einbau einer Knieprothese sind gut: Rund 85 bis 90% der Patienten sind glücklich und zufrieden. Dieser Wert ist allerdings etwas schlechter als bei einer Hüftprothese. Ursächlich hierfür sind folgende Problembereiche: